Samstag, 11. Juli 2020

Was ist es denn?

YH: Der Wind ist in diesem Jahr stark und ausdauernd. Selbst an Hafentagen oder da besonders, beeindruckt er mich. Naturgewalt und Element, ungebunden, unbezogen. Was ihm in die Finger kommt, nimmt er: spielt stundenlang mit Leinen und Plastiksäcken. Die Ketten beim Hafenkran, schwere, grosse Ketten, hängen bei Nichtgebrauch oben, in so einer Art Bag verpackt. Da hatte der Wind was gefunden! Es knatterte bei jeder Böe, ein lautes „Motorengeräusch“ durchzog den Hafen. Glücklicherweise liegen wir nicht unmittelbar in der Nähe.
Dieses Naturerleben ist es! Nahe dran sein, Grundsätzliches zu spüren. Hier beim Segeln sind es andere Elemente, aber im Grunde geht es mir immer darum, einfache Sinneserfahrung zu machen. Während ich diese Sätze schreibe, es ist 6:15 Uhr, taghell, plätschert es glucksend an den Rumpf. Es ist kalt und klar, keine 15 Grad. Deshalb liege ich weiterhin warm zugedeckt in der Koje.

Mein Alltagsleben zu hause in gemauerten Räumen, alles immer weich, sauber, bequem und trocken lässt mich gut arbeiten. Ich kann sehr effizient sein so, nichts stört. Aber es ist ein entfremdetes Leben. Deshalb brauchen wir ja auch daheim die ausgleichende Natur. Spaziergänge, Wanderungen.

Und so sind diese Wochen auf Tiny ein Bad in Wind, B(r)ise, Sonne, Nieselregen, Licht, Temperaturschwankung, Geräuschkulisse, Klangkonzert. Ganz zu schweigen von all den Verrenkungen, die wir dauernd ausführen müssen, um in unserem Kleinsthaushalt zu agieren. Ein so komplett anderes Sein. Das ist heilsam.

9:45 Uhr: eben brachte der Schlosser das geschweisste Teil. Ein alter Handwerker, der auch mal bei der Marine war. Nun folgt die Montage, danach könnten wir morgen wieder auslaufen, was wir auch vorhaben. Kurs so Süd wie möglich.











Freitag, 10. Juli 2020

Solutionen

YH: Ebeltoft ist nett, man könnte locker auch einfach zwei Wochen Ferien hier verbringen. 
Die ausgetauschte Batterie ist angeschlossen, der Motor surrt wieder. Die Ruderhalterung ist beim Schlosser, morgen erhalten wir das geschweisste Teil zurück.

Befinden also zunehmend besser.


Mittwoch, 8. Juli 2020

Houston, we’ve had a problem


J
YH: Beim Motorcheck am Morgen versagte die Batterie, die Fehlermeldung erforderte ein Telefon mit dem Support. „Die Batterie muss aufgeschraubt werden, eine Schmelzsicherung ist durchgebrannt. Supportcenter in der Nähe von Aarhus. Also stellten wir die Pläne um, Kurs nach Aahus. Der Motor wurde direkt über den Honda Generator gespeist. Wir kamen gut raus aus dem Hafen. Dann Segel hoch, 4 - 5 Bft Wind, zügig segelten wir der Ostküste Samsøs entlang. Am Nordende dann Kurswechsel direkt auf Aahus zu. Viel Wind, viel Welle, wir mussten kreuzen. 

Plötzlich passierte es! Durch den wechselnden Druck auf das Ruder ist eine Schweissnaht aufgegangen. 
AH: Das Ruder baumelt jetzt im Kielwasser! Segel herunter und wir driften manövrierunfähig mit dem Wind. Es hilft alles nichts: Notruf absetzen: (Hatte ich nicht schon bei der Seefunkprüfung gehofft, dass ich diesen Teil niemals brauchen werde?) Also Ursache "Afdrift" einstellen. Rote Schutzkappe über dem Notknopf am Funk öffnen und 3 sec. drücken. Warten. Nach einer knappen Minute kommt eine Bestätigung - vermutlich vom Rescue-Center. Dann meldet sich Lygby-Radio und eine weitere Station (vermutlich das Rescue-Center) auf Kanal 16, sodass ich nichts verstehe. Schliesslich setzt sich Lygby-Radio durch (eine beruhigende weibliche Stimme). Nun soll ich nochmals die Position diktieren (dabei ist die doch schon durch den Disstress-Call übermittelt worden.) Dann Wechsel auf anderen Kanal. Ach- wie war das noch? Der Drehknopf ändert nur die Lautstärke. Schliesslich gibts doch einen, der die Kanäle weiterschaltet. Legastheniker-unter-Stress-Problem: Welcher Kanal war das jetzt? Ich wähle 6 (ob die für solche Idioten wie mich wohl auf allen Kanälen hören?) 
Jedenfalls meldet sich Lygby-Radio wieder: Ob Schiffe in der Nähe seien (Nur ein paar Segelboote.) Wieviel Mann an Board? (2) Wassereinbruch? (Nein). "Rudder broken, No Engine." Sie schicken uns ein schnelles Boot zum Sondieren und dann ein zweites für die Bergung. Sie kommen in ca. 1h. Ob wir ankern? Ahh - gute Idee! Machen wir. 


Hilfe nahtYH: Also Anker raus, zum Glück war es nur 7 m tief. Der Anker hielt, zwei Bälle hoch: manovrierunfähiges Schiff. 

Nach ca. einer Stunde kam ein grosses Schlauchboot mit drei Mann, Dänische Navy. Das Boot hatte riesige Motoren...
Sie schauten sich den Schaden an, erfassten die Lage, fragten bei der Zentrale nach, ob sie uns abschleppen dürfen. Nach dem OK nahmen sie uns an die Leine, Anker lichten (der hielt ziemlich), und mit weiterhin viel Wind und Welle wurden wir die sieben Seemeilen nach Ebeltoft abgeschleppt. 

Damit wir wenigsten einigermassen Kurs halten konnten, drückte AH gute zwei Stunden lang das Ruder mit aller Kraft gegen eine Backskiste. 
AH: Hier müssen wir nochmals ankern, damit die Drei einen Liegeplatz für uns finden können. Aber der Anker hält nicht und die Hafenmole kommt bedrohlich näher. Also auch den zweiten Anker noch über Bord. Der hält und rettet uns vor den Steinen der Hafenmole. Nach einer gefühlten Ewigkeit (viellicht 10 min) kommen die Drei wieder und helfen uns in eine Box. 
YH: Dann wollten wir ihnen Personalien, etc. geben. Sie sagten, sie dürfen kein Geld nehmen. Ob da wohl noch eine Rechnung kommt? Sie jedenfalls waren nach einer Minute weg, wollten kein Bier, kein Geld, kein gar nichts. Am Schluss habe ich dem Chef der Truppe meine bewegte, übergrosse Dankbarkeit mit einem Handschlag ausgedrückt. Wir zogen beide die Segelhandschuhe aus. Erster Handschlag seit Monaten!

Nun liegen wir hier in einer Box im sehr schönen Ebeltoft, alles ist ruhig und sicher. Morgen geht es an die Lösung der verschiedenen Probleme. Ich habe schon mal fünf Nächte gebucht...


sonst aussergewöhnlich schön, hat alles hier






Der Hafenmeister war schon hier, er informiert einen Schlosser, AH baut grad die Halterung aus.
Heute dann: Batterietausch in Aarhus mit ÖV, je 2 Std. Weg und viel Sightseeing.


Wieso ist die Schmelzsicherung der alten Batterie durchgebrannt? Der Service-Techniker in Aahus hielt meine Vermutung für denkbar, dass das gleichzeitige Laden mit beiden Ladegeräten (300W/1700W) ihr nicht gut bekommen ist. Aber später wird auch die Motorplatine sich verabschieden. (Ob da ein Zusammenhang besteht?)
 

Zurück mit der neuen. Morgen wird sie eingebaut.



Montag, 6. Juli 2020

Mit dem Velo unterwegs

Heute haben wir Velos gemietet, mit Rücktrittsbremse zwar, aber sie erweitern unseren Radius enorm. Gelandet sind wir nun in Langør, in der Hafenbeiz. Hier ein paar Bildeindrücke:


Überall kann man frische Kartoffeln kaufen.












ein bisschen Windschutz tut gut




Sonntag, 5. Juli 2020

Hafentage auf Samsø

YH: Über der Schweiz liegt ein Ausläufer der Azorenhochs. Deshalb wehen die Tiefs hier oben durch und zwar tüchtig.

Wir sind also hier eingeweht, können nicht raus, viel zu viel Wind. Es passt zur Situation. Meine Mutter ist gestern um die Mittagszeit verstorben. Wir dachten und denken viel an sie. 

Hier werden wir voraussichtlich bis am 8. Juli bleiben, dann soll es besser werden. Genug Zeit also, um in Regenkleidung dem Ufer entlang zu spazieren.



AH‘s Funkecke - immerhin Wetterkarten über Funk